Axonverlust, nicht Demyelinisierung, ist Grundlage bleibender Behinderung bei fortschreitender MS

12.03.10 | Es wird immer offensichtlicher, dass es eher der Verlust von Nervengewebe (Axonverlust) und nicht so sehr der Myelinabbau ist, der die Behinderungen bei fortschreitender MS langfristig verursacht. Axonverlust tritt ein, wenn die Myelinschicht um die Axone (Nervenstränge) dauerhaft massiv beschädigt ist, keine Regeneration des Myelins (Remyelinisierung) stattgefunden hat und die nackten Axone zu Grunde gehen. Größere Areale untergegangener Axone sind im MRT als so genannte ‚Black Holes‘ sichtbar. Einmal zerstörtes Nervengewebe im Zentralen Nervensystem (ZNS) ist nach dem heutigen Kenntnisstand unwiederbringlich verloren, während der Körper beim Myelin durchaus in der Lage ist, die geschädigte Myelinschicht bis zu einem gewissen Ausmaß zu regenerieren. So kann man sich die Schädigung im ZNS bei MS als Zweistufenmodell vorstellen: Stufe 1 ist die Schädigung des Myelin, zu der es auch eine gegenläufige Aktivität, nämlich die Remyelinisierung, den Wiederaufbau der Myelinschicht gibt, und Stufe 2 ist der Tod der demyelinisierten Axone, der unumkehrbar ist.

Bislang gab es keine Untersuchung, die bestehende Behinderungen, wie sie sich im Laufe des Lebens bei MS-Patienten entwickelt hatten, mit dem Zustand des erkrankten Nervengewebes am Lebensende abglich. Forscher in der Abteilung für Klinische Neurologie an der Universität in Nottingham, England, haben deshalb untersucht, wie Behinderungen der Bewegungsabläufe bei MS mit Schäden an den für Bewegung zuständigen motorischen Nervenbahnen im Rückenmark in Beziehung stehen.

Ihnen standen Gewebeproben (Autopsien) von 45 verstorbenen MS-Patienten zur Verfügung. Aus den Krankenakten dieser Patienten ging hervor, welchen Grad der Behinderungen der Bewegungsabläufe diese Patienten vor ihrem Tod aufgewiesen hatten. Die Gewebeproben wurden eingefärbt, so dass der Grad der Myelinabbaus und die Zahl der Überlebenden Nervenfasern (Axone) im Rückenmark gemessen werden konnte. Es zeigte sich, dass Patienten, die zu Lebzeiten stärker motorisch behindert waren, weniger Überlebende Nervenfasern im Rückenmark hatten als ihre weniger behinderten Mitpatienten. Demgegenüber stand die Beobachtung, dass der Grad der Myelinisierung nicht mit dem Grad der Behinderung in Beziehung stand. Das heißt, auch stärkere Demyelinisierung hatte nicht zwangsläufig auch zu stärkerer Behinderung geführt.

Diese Studie aus Nottingham zeigt also zum ersten Mal, dass der Grad des Axonverlustes in direktem Zusammenhang mit der klinischen Behinderung bei MS und dass das Ausmaß der Demyelinisierung kein Gradmesser für die Behinderung von Bewegungsabläufen ist.

Quelle:

Tallantyre EC, Bø L, Al-Rawashdeh O, Owens T, Polman CH, Lowe JS, Evangelou N.

Clinico-pathological evidence that axonal loss underlies disability in progressive multiple sclerosis.

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